Gewerkschaft STAS ruft auf: Solidarität mit Palmöl-Arbeiter*innen in Honduras! BanaFair's Partnerorganisationen im Arbeitskampf.

Gewerkschaft STAS ruft auf: Solidarität mit Palmöl-Arbeiter*innen in Honduras! BanaFair's Partnerorganisationen im Arbeitskampf.

Auf zwei Palmölplantagen der Unternehmensgruppe JAREMAR in Honduras streiken 320 Gewerkschaftsmitglieder für grundlegende Arbeits- und Menschenrechte. Die Streikenden bekommen seit vielen Wochen keinen Lohn. Die Gewerkschaften rufen zur internationalen Solidarität mit den Streikenden auf. BanaFair möchte 3.000 Dollar für den Kauf von Lebensmitteln beitragen. Helfen Sie mit!

Auf den zwei Palmölplantagen streiken die Gewerkschaftsmitglieder für grundlegende Arbeits- und Menschenrechte: Mindestlohnzahlung, Tarifverträge, Überstunden- und Feiertagszulagen, Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt, Sozialversicherung und Schutz vor toxischen Agrarchemikalien. Besonders empörend ist, dass arbeitssuchende Frauen ihre Sterilisation nachweisen sollen. Schwangere werden entlassen.

Zur Durchsetzung ihrer Rechte im Palmölanbau gründeten sich seit Oktober 2017 zwei Betriebs-Komitees der Branchengewerkschaft STAS, die aus den Kämpfen der nationalen Koordinierung der Bananengewerkschaften COSIBAH, heute FESTAGRO genannt, für die Rechte der Landarbeiter in Honduras hervorgegangen ist. STAS und COSIBAH-FESTAGRO sind seit vielen Jahren Kooperationspartnerinnen von BanaFair.

Die STAS-Betriebsgruppen auf den Farmen von Agroguay und Agromeza sind die ersten Gewerkschaften in der Palmölproduktion von Honduras. Die Betriebsleitungen reagierten mit Repression. Bis Dezember wurden laut FESTAGRO 81 Gewerkschafter grundlos entlassen. Alle übrigen werden durch Androhung von Entlassung und physischer Gewalt durch den Betriebsschutz und Polizei genötigt, die Gewerkschaft zu verlassen.

Die Streikenden bekommen seit vielen Wochen keinen Lohn. STAS und FESTAGRO rufen zur internationalen Solidarität mit den Streikenden auf. BanaFair möchte 3.000 Dollar für den Kauf von Lebensmitteln beitragen. Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende, diesen Betrag aufzubringen! Er wird ohne Abzug auf das Konto der Gewerkschaftsföderation FESTAGRO überwiesen, die mit STAS den Kauf und die Verteilung der Lebensmittel durchführt.

  • Spendenkonto: BanaFair e.V.   IBAN DE60 5206 0410 0004 0038 61   Verwendungszweck „Spendenaktion Honduras“.

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Streiks im Zentrum des Palmölanbaus von Honduras.
STAS-Vorsitzender Tomás Membreño

Streiks im Zentrum des Palmölanbaus von Honduras

Im Oktober 2017 organisierte die Landarbeiter-Gewerkschaft STAS in dem Betrieb Agroguay, Region Atlantida, mit 140 Beschäftigten (80% der Belegschaft) das erste Gewerkschaftskomitee in der Palmölproduktion von Honduras. Agroguay gehört zur Unternehmensgruppe JAREMAR, dem zweitgrößten Palmölhersteller des Landes. Der STAS-Vorsitzende Tomás Membreño erklärte: "Agroguay muss laut Gesetz der Forderung nach Tarifverhandlungen entsprechen."

Agroguay verweigert laut Membreño die Zahlung von Überstunden und Feiertagszuschlägen, zahlt kein Weihnachtsgeld oder 13. Monatsgehalt, leitet Versicherungsbeiträge nicht an die Kasse weiter und unterbricht Beschäftigungsverhältnisse nach 6 oder 12 Monaten, um Festanstellungen mit entsprechend besserer arbeitsrechtlicher und finanzieller Absicherung zu unterlaufen. Laut Gewerkschaft hat ein Arbeiter durch einen Stromschlag während der Arbeit den rechten Unterarm verloren und sein linker Arm ist gelähmt. Das Unternehmen hat keine finanzielle Unterstützung geleistet.

Der Betrieb reagierte auf die Gewerkschaftsgründung und die Forderung nach Aushandlung eines Tarifvertrags mit Repressalien. Gewerkschafts-mitglieder wurden grundlos entlassen oder bedroht, um sie zum Austritt zu zwingen. Agroguay verstärkte den Betriebs-Sicherheitsdienst mit neuen Waffen und Personal, das Gewerkschafts-mitglieder verfolgte und fotografierte. Wegen der zunehmenden Repression traten die organisierten Arbeiter*innen in der dritten Oktoberwoche in den Streik.

In der zweiten Novemberwoche kam es zur Gründung eines zweiten STAS-Gewerkschaftskomitees mit 180 Beschäftigten (50% der Belegschaft) des Farmbetriebs Agromeza, der ebenfalls zu JAREMAR gehört. Auch hier verweigerte die Betriebsleitung die Anerkennung der Gewerkschaft und kündigte etlichen ihrer Mitglieder. Daraufhin besetzte die Gewerkschaft den Betrieb. Zehn Tage vor Weihnachten versuchte der Betriebssicherheitsdienst vergebens, die Arbeiter*innen vom Betriebsgelände zu vertreiben. Die Betriebsleitung fordert Polizeiverstärkung an und versuchte, die Gewerkschafter durch Androhung von Verhaftungen und Gefängnisstrafen zur Aufgabe zu zwingen. Fünf Arbeiter wurden misshandelt und erhoben Beschwerde bei der Menschenrechts-kommission CONADEH.

"Allein in der Landwirtschaft von JAREMAR arbeiten 3.800 Menschen. Tausende wollen sich organisieren, um ihre Arbeits- und Menschenrechte einzufordern", sagt der STAS-Vorsitzende Tomás Membreño zu BanaFair. "Aber wir könnten nicht alle, die möglicherweise dabei entlassen werden, vertreten und unterstützen. Dazu sind wir noch nicht stark genug."

Tricks und trügerische Versprechen

Agroguay scheiterte mit dem Versuch, das STAS-Komitee zu einer unternehmenshörigen Gewerkschaft zu verfälschen. "Das Unternehmen hat dem Generalsekretär unserer Betriebsgruppe dafür Geld angeboten, aber er hat das zurückgewiesen. Das Management kann selbst keine ihm gefügige Betriebsgewerkschaft gründen, weil nur fest angestellte Arbeiter*innen Gewerkschafts-mitglieder sein können, Agroguay aber die Leute immer wieder neu befristet einstellt. Als Branchengewerkschaft können wir diese Arbeiter*innen organisieren", erklärt Membreño.

STAS hat beim Arbeitsministerium Klage gegen die Entlassungen und die Verweigerung von Tarifverhandlungen eingereicht sowie die Vermittlung des Ministeriums beantragt, das bisher nur mit einer vagen Absichtserklärung antwortete. Außerdem fordert STAS die Auszahlung der Löhne für die Zeit des Ausstands und keine Repressalien wegen des Streiks. Die Unternehmen wollen ihrerseits die Nichtzulassung der STAS-Komitees durchsetzen. STAS hat sich auch mit dem Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil; RSPO) in Verbindung gesetzt, dessen Zertifizierungssystem die Unternehmensgruppe JAREMAR seit 2014 angehört. "Bei den Farmbetrieben gibt es wegen unserer Proteste Unruhe, denn anscheinend stehen Zertifizierungs-Inspektionen an", sagte Membreño. Die Unruhe ist berechtigt, denn gegenüber dem RSPO hat sich JAREMAR zur Nichtdiskriminierung von Gewerkschaften, zur Lösung von betriebsbezogenen Konflikten durch Dialog und Verhandlung sowie der Beachtung des nationalen Rechtssystems verpflichtet. Gegen alles das hat JAREMAR bei der Repression gegen STAS verstoßen.

Ölpalmen-Imperien

Die Betriebe Agroguay und Agromeza sind zwei der sieben Einzelbetriebe der Unternehmensgruppe JAREMAR, die auf 15.000 ha Land Palmen anbauen und Öl u.a. in die USA und nach Europa exportiert. 48% der verarbeiteten Ölfrüchte werden von ca. 2.000 Kleinbauern geliefert. Die meisten der Lieferanten von JAREMAR mit 21.000 Hektar Land sind in der Unión de Palmeros del Litoral Atlántico (UNPALA) zuammengefasst. In mehreren Verarbeitungsunternehmen erzeugt JAREMAR Palmölsaat, Lebensmittel, Haushaltswaren und Agrar-Treibstoffe.

Die Ölpalmen-Anbaufläche in Honduras liegt nach Angaben der Unternehmen bei 165.000 Hektar, wahrscheinlich aber deutlich höher. Insgesamt gibt es um die 18.000 Ölpalmenanbauer mit einer bemerkenswerten Präsenz von genossenschaftlichen Strukturen in 8 Produzentenvereinigungen mit 7.000 Mitgliedern. Fast die Hälfte der Anbaufläche befindet sich im Besitz von mittleren und kleinen Produzenten mit bis zu 50 Hektar. Sie sind aber bei der Verarbeitung bzw. dem Verkauf der Ölfrüchte zum Teil stark von der Verarbeitungs-Infrastruktur der vier größten Unternehmen DINANT, JAREMAR, CEYDESA und PALCASA abhängig.

Heutiges Farmland von JAREMAR in San Alejo, 50 km nordöstlich von San Pedro Sula im Department Atlántida, wurde einst von der Chiquita-Tochterfirma Tela Railroad Company genutzt, die dort bis 1933 Bananen und ab 1944 erstmals in Lateinamerika Palmen für den Öl-Export anbaute. In späteren Jahren trennte Chiquita die Palmen-Farmen als eigenständige Betriebe vom Mutterkonzern ab. 1994 gründeten die Chiquita-Margarinenfirma NUMAR und das zentral-amerikanische Unternehmen JAR mit je 50%-Anteil JAREMAR. Heute ist JAREMAR mit 24% Anteil am Inlands-Ölmarkt nach DINANT (29%) das zweigrößte Palmölunternehmen in Honduras.

Die Palmöl-Mafia am Werk

STAS will prüfen, ob sich JAREMAR-Farmen auf Land befinden, das einst im kollektiven Besitz der ursprünglich dort lebenden Bevölkerung war. "Der Rechtsstatus ist fraglich, nachdem die Tela Railroad Company den Anbau dort einmal aufgegeben hatte (1933-1944). Das kann interessant für die Farmarbeiter*innen sein, wenn das Unternehmen und auch die Regierung die Probleme der Beschäftigten ignorieren sollten. Dann könnte es einen Kampf der Arbeiter*innen um das Land selbst geben", warnte Membreño.

Von Beginn des Bananenanbaus in Honduras im 19. Jahrhundert an bis hin zum Tourismus- und Palmölboom in den letzten Jahrzehnten sind die kommunalen Besitzrechte der ansässigen Bevölkerung und Kleinbauern, darunter das afro-karibische Volk der Garifuna, faktisch oder durch Landreform und Modernisierungsgesetze stark beschnitten worden. Die Namen von politisch mächtigen Großgrundbesitzern wie die Familie Facussé, Besitzerin des größten Palmölunternehmens DINANT, und René Morales der Gruppe JAREMAR stehen im Zusammenhang mit schweren Landbesitz-Konflikten mit vielen Toten im Valle de Aguán, dem größten Palmölanbaugebiet in Honduras.

Tanya M. Kerssen hat ihre Studie über die Anhäufung von Landbesitz (land grabbing) und politischer Macht durch die Palmöl-Magnaten und den Widerstand der Landbevölkerung unter dem Titel "Grabbing Power: The New Struggles for Land, Food and Democracy in Northern Honduras" als Buch veröffentlicht. Darin wird dem Valle de Aguán "eine Schlüsselstellung als Schauplatz für Kämpfe gegen die Kontrolle von Unternehmen über Nahrung, Land und Naturvorkommen" zuerkannt. Tanya M. Kerssen forscht unter anderem für die Organisation Institute for Food & Development Policy Food First.

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